4/15 Blasorchester in Weimar

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15. März 2015
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15. Mai 2015

4/15 Blasorchester in Weimar

erste und einzige gemeinsame ProbeFreitag 17.April 7:00 Uhr. Die Sonne geht gerade erst über den Hügeln von Würzburg auf, aber wir sitzen schon seit 2 Stunden im Reisebus, um möglichst pünktlich in Weimar zu sein. Um 10:00 Uhr ist eine Durchspielprobe mit den Musikschülern des „Goethe Gymnasium“ und dem Ensemble „Young Brass“ der Musikschule „Ottmar Gerster“ geplant. Ein Termin, der sich aufgrund einer leicht verspäteten Ankunft als etwas hektisch erweisen sollte.
In einem wunderschönen Probenraum, der einen ersten Eindruck der Kulturstadt Weimar hinterließ, saßen aber dann doch 40 Musiker der “Harmonie” und ca. 40 Jungbläser aus Weimar mehr oder weniger geordnet zusammen, um, 2 Stunden vor Veranstaltungsbeginn unter der Leitung unseres Dirigenten Thorsten Reinau, ihre einzige gemeinsame Probe abzuhalten. Unsere Beteiligung in Weimar stellte einen Programmpunkt in einer Reihe von Gedenkveranstaltungen zum „70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald und Kriegsende in Weimar 1945“ dar.

das gemeinsame Orchester mit DirigentFür die Musiker des Blasorchesters eine höchstwahrscheinlich einmalige Gelegenheit im Deutschen Nationaltheater in Weimar spielen zu können. Zur Eröffnung erklang aus „Ein deutsches Requiem“ von Johannes Brahms „Blessed Are They“ (Selig sind, die da Leid tragen). Der amerikanische Komponist John Williams schuf die Musik des Filmes „Schindlers Liste“ aus dem Jahre 1993 von Steven Spielberg, nach dem gleichnamigen Buch von Thomas Keneally, aus dem das Titellied gespielt wurde. Anschließend ließ das Blasorchester Thorsten Reinaus „Martin Luther-Szenen eines rebellischen Lebens“ mit Unterstützung eines Sängers aus den Reihen des Nationaltheaters durch das Theater erklingen. In diesem klanggewaltigen Musikstück verarbeitet er die wichtigsten Stationen Luthers und lässt es mit dem Choralsatz von Johann Sebastian Bach „Eine feste Burg ist unser Gott“ enden.
Thorsten Reinau ist zugleich auch der Komponist des musikalischen Mahnmals „Wer die Vergangenheit besucht erntet Tränen“ nach dem Kapitel „Das unfassbare Verbrechen“ aus dem gleichnamigen Buch von Werner Eckard. Marion Reinau bei der LesungBewegend wurde dieses Kapitel von Marion Reinau, der Tochter des Autors, zuvor vorgelesen. Mit düsteren und schrillen, dissonanten Klängen wird in diesem Werk versucht, die Grausamkeit des Lagerlebens im KZ Buchenwald darzustellen. Fragmentarisch wird innerhalb der Komposition das „Buchenwald-Lied“ von Herrmann Leopoldi verwendet, welches regelmäßig von allen Gefangenen gesungen werden musste. Dieses Lied endet mit den nahezu prophetischen Worten „….einmal kommt der Tag, da sind wir frei!“ Voller Hoffnung beschließt der Bach-Choral „Durch Dein Gefängnis Gottes Sohn, ist uns die Freiheit kommen“ aus der Johannes Passion das Werk.
Für die Musiker des Blasorchesters ein doch bedeutendes Erlebnis, bei dieser Veranstaltung und in diesem atemberaubenden Ambiente mitgewirkt zu haben.

Impressionen aus WeimarDanach wurden die Hotelzimmer bezogen und nach einer kurzen Zeit zur freien Verfügung, die die meisten von uns dazu genutzt hat, erste Eindrücke von Weimar zu sammeln, nahmen wir anschließend noch an einer sehr informativen und kurzweiligen ca. 90 minütigen Stadtführung teil.
Ein gemeinsames, sehr köstritzliches Abendessen schloss den ersten Tag unserer Konzert- und Geschichtsreise nach Weimar ab.

Nach einer, für manche von uns, kurzen Nacht fuhren wir nach einem ausgiebigen Frühstück schon sehr früh mit dem Bus zum Ettersberg, nur ein paar Autominuten von Weimar entfernt, um dort oben das Konzentrationslager Buchenwald zu besuchen. Gedenkkränze im KZ BuchenwaldEin ca. 30 minütiger sehr authentischer Film mit vielen Originalaufnahmen, brachte uns die ersten Einblicke in dieses Arbeits- und Internierungslager, in dem von 1937 bis zur Befreiung im April 1945 über 56.000 Menschen an Folter, medizinischen Experimenten und Auszehrung starben, ganz zu schweigen von den über 8.000 sowjetischen Kriegsgefangenen, die in diesem Lager erschossen wurden. Wir wurden in zwei kleinen Gruppen durch diese Anlage geführt, damit jeder von uns die Möglichkeit hatte, die informativen Ausführungen der wirklich sehr guten Mitarbeitern auch zu verfolgen und mitzubekommen. Es gab wahrscheinlich niemanden aus unseren Reihen, der von den damaligen Ereignissen nicht betroffen war.
Für viele ist es auch heute, trotz des geschichtlichen Hintergrundwissens, unvorstellbar, wie es zu diesen abscheulichen, grausamen Handlungsweisen kommen konnte. Es bleibt ein „unfassbares Verbrechen“.
Von weiteren Einzelheiten aus diesem Konzentrationslager möchten wir an dieser Stelle aber absehen – wer sich mit der jüngsten deutschen Geschichte befasst oder sich mit dem menschenverachtenden Regime des Nationalsozialismus auseinandersetzen möchte, wird um einen Besuch im KZ Buchenwald nicht herum kommen.
Das Mahnmal und der Glockenturm im KZ BuchenwaldEin kurzer Fußmarsch führte uns noch zum Mahnmal und zum Glockenturm. Bei den Massengräbern des KZ am Südhang des Ettersberges errichtete die DDR 1958 ein weithin sichtbares KZ-Denkmal. Seine Monumentalität soll zwar auch das Ausmaß der Buchenwalder Verbrechen widerspiegeln, doch der DDR diente es vorrangig als Nationaldenkmal. Im Zentrum stehen die deutschen kommunistischen Widerstandskämpfer. Mit ihrer Geschichte sollte der Führungsanspruch der SED in der DDR legitimiert werden. Dieses „Gedenken an Orten doppelter Vergangenheit“ ist ein vieldiskutiertes Thema nach der Wende.

Voller neuer Eindrücke traten wir dann unseren Heimweg an und trafen am Abend wieder in Linkenheim ein. Als Fazit bleibt eine schöne Konzertreise in der Gemeinschaft des Musikvereins, mit Eindrücken vom Auftritt im Nationaltheater bis hin zum Besuch im KZ Buchenwald, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten.